Interview: 20 Jahre berufsbildner.ch mit Edi Schwertfeger

Edi Schwertfeger hat vor über 20 Jahren berufsbildner.ch gegründet. In diesem Interview erzählt uns der ehemalige Geschäftsführer, wie es zu der Idee kam und wie sich die Berufsbildung in den letzten Jahren gewandelt hat.

Lieber Edi, berufsbildner.ch zählt in der Branche zu den grössten Anbietern für Berufsbildnerkurse. Wie kam es dazu?

Aus der Not:

Als ich vor über 30 Jahren in dieser Branche anfing, hiessen die Berufsbildner noch Lehrmeister. Ich war damals als Referent für die Lehrmeisterkurse bei den Kantonen tätig. In den 90er-Jahren entschied der Kanton Zürich, diese Kurse an die Berufsfachschulen outzusourcen. Dadurch erhielten wir Referenten die Möglichkeit, direkt mit den Berufsfachschulen zusammenzuarbeiten. Da ich es immer gut gehabt hatte mit den Berufsinspektoren, wurde mir von diesen geraten, ich solle mich mit meiner persönlichen Art des Unterrichtens selbstständig machen und mich an den Ausschreibungen bewerben.

Geraten, gemacht. Obwohl meine Bewerbung in der ersten Phase abgelehnt wurde, erhielt ich als einziger Referenten in der zweiten Phase eine Test-Gleichwertungsanerkennung. Diese Gleichwertungsanerkennungen werden auch heute noch für Unternehmen ausgestellt, welche Berufsbildnerkurse anbieten.

Mit dieser Anerkennung durfte ich im ersten Jahr meiner Selbstständigkeit, damals noch unter Marke lehrmeister.ch, erfolgreich 220 Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer ausbilden. Mein Sohn Jonas, damals noch in seiner Ausbildung, unterstützte mich mit meiner ersten eigenen Website und einem passenden Kurssystem, wodurch wir noch mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewinnen konnten. Zuerst im Kanton Zürich und später auch aus den anderen Kantonen.

Die ersten Büroräumlichkeiten waren bei mir zu Hause in Baden. Dafür musste ich den Dachstock ausbauen.

Später wurde auf nationaler Ebene die Bezeichnung Lehrmeister zu Berufsbildner geändert, weshalb auch wir den Namen, sowie die Internetseite anpassten und fortan unter berufsbildner.ch unterwegs waren und weiterhin noch sind.

Zu diesem Zeitpunkt holte ich aus Kapazitätsgründen auch weitere Referenten:innen aus früheren Zeiten ins Boot und zusammen mit 3 Referentenkollegen gründeten wir eine AG und bildeten die Geschäftsleitung.

Wolltest du denn von Anfang an ein Angebot für die ganze Deutschschweiz oder warst du auf den Kanton Zürich fokussiert?

Mit dem Kanton Zürich haben wir begonnen und irgendwann bekundeten die Kantone aus der Zentralschweiz ebenfalls ihr Interesse, die Kurse outzusourcen. Wir nahmen mit 17 anderen Unternehmen an der öffentlichen Ausschreibung teil und die Wahl fiel auf uns.

Mit Ausnahme des Kantons Luzern, der die Kurse seit einiger Zeit wieder selbst anbietet, arbeiten wir immer noch eng mit den Zentralschweizer Kantonen zusammen.

Später folgten dann weitere Kantone und die berufsbildner.ch AG ist seither in fast jedem deutschsprachigen Kanton vertreten.

Gab es ein Erfolgsgeheimnis?

Eines meiner Erfolgsgeheimnisse ist und bleibt der gute und enge zwischenmenschliche Kontakt zu den Fachstellen/Kantonen. Ich war sicher alle 2 Wochen bei den Ämtern, wodurch ich auch viele aktuelle Themen aus den Kantonen mitbekam. Dadurch konnte ich mich und die berufsbildner.ch frühzeitig auf das Kommende einrichten.

Ein weiteres Erfolgsgeheimnis ist das freundschaftliche Miteinander. Mir war es immer wichtig, dass meine Mitmenschen Freude an der Arbeit haben. Dass es ihnen gut geht, war ebenfalls immer eine meiner Prioritäten.

Hättest du damit gerechnet, dass berufsbildner.ch über 20 Jahre so erfolgreich unterwegs sein würde?

Damit rechnete ehrlich gesagt niemand. Wenn man bedenkt, dass wir in den Anfangszeiten 220 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten – heute liegen die Zahlen zwischen 5'000 bis 6'000.

Zudem hörte man ständig aus der Branche, dass ein einzelnes Privatunternehmen sich nie gegen die Gewerbe- und Berufsfachschulen durchsetzen könne.

Oft braucht man Glück und ich hatte dieses Glück, mit den richtigen Menschen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.

Nun haben wir einen Blick in die Vergangenheit geworfen. Doch wie sieht es mit der Zukunft aus? Wie siehst du die Berufsbildung in 20 Jahren?

Als ich die Firma gründete, hörte ich ja oft, dass diese keine Zukunft haben. Doch wie wir heute wissen, ist die Berufsbildung in der Schweiz trotzdem weiter gewachsen. Und ich denke, dass sie dies auch weiterhin tun wird und in den verschiedenen Branchen stabil bleibt.

Wichtig ist, dass man die Berufsbildung in allen Branchen pflegt und auch offen für Neues und Unvorhergesehenes ist. Die Pandemie war ein gutes Beispiel, als man plötzlich «auf digital» umstellen musste.

Das duale System der Berufsbildung wird bestehen bleiben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schweiz davon wegkommen wird, denn wir brauchen dieses System. Obwohl es für die Betriebe organisatorisch immer schwieriger und aufwändiger ist, eine gute Berufsbildung anzubieten, ist uns die Qualität des Ausbildens sehr wichtig.

Die Schweiz ist weltweit bekannt für ihr Ausbildungssystem und für manche Länder sind wir sogar ein Vorbild. Immer öfter kommen Delegationen aus dem Ausland zu uns, um sich ein Bild von unserem System zu machen. Es ist ja belegt, dass durch das duale System weniger Berufslehren abgebrochen werden und man muss die Möglichkeit haben, in den verschiedenen Berufen den Nachwuchs bestmöglich auszubilden, um auch die Berufsidentität zu schützen.

In der heutigen Zeit ist es nicht immer einfach, Menschen auszubilden, da Berufsbildner:innen nicht nur fachlich, sondern auch von der Persönlichkeit her in der Lage sein müssen mit den Lernenden zusammenzuarbeiten und diese bestmöglich zu führen. Genau deshalb hat der Berufsbildnerkurs auch weiterhin seine Berechtigung – hier wird einem das Wichtigste für diese anspruchsvolle Aufgabe mit auf den Weg gegeben.

Mit diesem Interview wollen wir dir auch die Möglichkeit geben, dich an deine Mitarbeitenden (ehemalige wie bestehende) sowie Kunden zu richten. Hast du eine Botschaft für sie?

Ich wünsche allen die einen Beruf ausüben, dass sie die Möglichkeit haben ein paar Jahre als Berufsbildnerin oder Berufsbildner tätig zu sein, denn diese Tätigkeit gibt einem eine gute qualitative Grundbildung als Führungskraft.

Dem Team von berufsbildner.ch AG wünsche ich, dass ihr weiterhin freundschaftlich und im Guten zusammenarbeitet. Das Miteinander empfand ich immer als sehr wichtig und dies zeichnete uns auch immer aus.